Urteil: Wohnungseigentümer müssen Schäden gemeinsam tragen

Muss eine Wohnungseigentümer-Gemeinschaft auch für Schäden aufkommen, die nur in einer einzelnen Wohnung auftreten und von der Versicherung nicht übernommen werden?
Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs dürften viele Wohnungseigentümer-Gemeinschaften mit Spannung erwartet haben: Muss die Eigentümer-Gemeinschaft für Schäden, die nur in einzelnen Wohnungen entstanden sind, gemeinschaftlich aufkommen? Oder haftet jeder für sich? Dazu hat der fünfte Senat des BGH am Freitag eine klare Entscheidung getroffen und kommt zu dem Schluss: Der in der Gebäudeversicherung vereinbarte Selbstbehalt ist von allen Eigentümern gemeinschaftlich zu tragen (Az: V ZR 69/21).
Dies begründen die Karlsruher Richter folgendermaßen: Eine höhere Selbstbeteiligung führe zu niedrigeren Versicherungsbeiträgen – und davon profitieren alle. Daher müssten auch die Kosten auf alle Schultern gleichermaßen verteilt werden. Auch wenn der Selbstbehalt wegen ungewöhnlich häufiger Schäden zwangsweise hoch angesetzt sei, gelte nichts anderes. Alle hätten schließlich etwas davon, dass die Anlage überhaupt versichert sei.
Der Hintergrund
Im konkreten Fall hatte die Eigentümerin einer Kölner Gewerbefläche geklagt. Die Klägerin ist Teil einer Wohneigentümer-Gemeinschaft, zu der mehrere Wohnungen und besagte Gewerbeflächen gehören. In der Vergangenheit war es hier wegen mangelhafter Leitungen (Kupferrohre) immer wieder zu Leitungswasserschäden gekommen. Allein im Jahr 2018 summierten sich diese auf rund 85.000 Euro.
Bis dato hatte die Hausverwalterin bei einem Wasserschaden ein Fachunternehmen mit der Schadenbeseitigung beauftragt und dies vom Gemeinschaftskonto bezahlt. Wegen des hohen Schadenaufkommens hatte die Gebäudeversicherung einen Selbstbehalt von 7.500 Euro verlangt. Diesen Betrag musste die Eigentümer-Gemeinschaft übernehmen – auch dann, wenn der Schaden nicht im Bereich des Gemeinschafts-, sondern im Bereich des Sondereigentums, sprich in den einzelnen Wohnungen, entstanden war.
Die Besitzerin der Gewerbefläche wollte mit ihrer Klage eine von der „bisherigen Praxis abweichende Verteilung des Selbstbehalts“ erreichen. Bei ihr sei es nie zu einem Wasserschaden gekommen. Daher wolle sie nicht anteilig für Schäden in fremden Wohnungen aufkommen. Zuvor hatten bereits das Amtsgericht sowie das Landgericht Köln die Klage abgewiesen – dem schlossen sich nun die Karlsruher Richter an. Zwar sei der im Versicherungsvertrag vereinbarte Selbstbehalt ein Fall der „bewussten Unterversicherung“, Allerdings würde eben auf der anderen Seite die Gemeinschaft als auch die Versicherungsnehmerin von einer „herabgesetzten Prämie“ profitieren.
Laut BGH könnte grundsätzlich auch ein anderer Verteilungsschlüssel gerechtfertigt sein. Dafür müssten allerdings bauliche Unterschiede vorliegen. Diesen Antrag der Klägerin soll nun das Kölner Landgericht noch einmal prüfen.
Quelle: Procontra online