Ein Nachbarschaftsstreit über das konsequente Schließen von zwei Toren schaffte es bis zum Bundesgerichtshof. Es ging um Wegerechte, Sicherungsbedürfnisse und Beeinträchtigungen.
Die Eigentümer/-innen eines mit einem Wegerecht belasteten Grundstücks in Niedersachsen stritten mit den Eigentümer/-innen des dahinterliegenden Grundstücks um das Öffnen und Schließen zweier Tore. Das Ehepaar, dem das vordere, an einer öffentlichen Straße gelegene, Grundstück gehört, hatte auf dem gepflasterten Weg zwei einflügelige, ca. drei Meter breite Tore errichtet. Das eine Tor steht an der Grenze des Grundstücks zur öffentlichen Straße, das andere an der Grenze zum Grundstück der Nachbarn.
Das Paar verlangte von seinen Nachbarn, dass beide Tore nach jeder Durchfahrt wieder geschlossen werden. Dafür zogen sie sogar vor Gericht.
Das Landgericht Hildesheim lehnte die Klage ab; dafür war die Berufung für die Klagenden teilweise erfolgreich. Das Oberlandesgericht Celle verpflichtete die Nachbar/-innen, das hintere Tor nach jedem Passieren zu schließen. Das vordere Tor blieb außen vor, da es einige Mängel aufwies und ein Schließen daher nicht zwingend verlangt werden konnte.
Berechtigte Interessen versus Zumutbarkeit
Doch auch mit dem permanenten Schließen des hinteren Tores waren die betroffenen Nachbar/-innen nicht einverstanden. Der Streit landete vor dem Bundesgerichtshof. Die höchsten Richter/-innen hoben das Berufungsurteil auf, weil es Rechtsfehler aufwies, und verwiesen die Sache an das Oberlandesgericht zurück.
Rechtsfehlerhaft war die Annahme, dass das Ehepaar schon deshalb seinen Anspruch auf regelmäßiges Schließen des hinteren Tores durchsetzen könne, weil es ein berechtigtes Interesse an einer Einfriedung seines Grundstücks habe und die Nutzung des vorhandenen Tores den Nachbar/-innen nicht unzumutbar sei.
Der konkrete Einzelfall zählt
Vielmehr ist es aber so, dass das Einfriedungsinteresse des Ehepaares und das Interesse der Nachbar/-innen an der ungehinderten Ausübung ihres Wegerechts im jeweils konkreten Einzelfall gegeneinander abzuwägen ist. Die Eigentümer/-innen des hinteren Grundstücks hatten bereits in erster Instanz vorgetragen, dass für beide Tore angesichts des Materials, Gewichts, der Größe und Höhe sowie der Anbringung des Schlosses nicht von einer geringfügigen Beeinträchtigung ihres Wegerechts gesprochen werden könne.
Im weiteren Verfahren wird nun das Berufungsgericht klären müssen, welches Gewicht dem Interesse der jeweiligen Parteien zukommt. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob die berechtigten Sicherungsinteressen der Eigentümer/-innen des vorderen Grundstücks auch durch eine Einzäunung an anderer Stelle befriedigt werden können.
(BGH, Urteil vom 16. April 2021 – V ZR 17/20)
Quelle: ImmobilienScout24